Postgeschichte in Birkmannsweiler
Niedergeschrieben von Hans Kuhnle anno 2009
Den älteren Birkmannsweiler Bürgern ist noch in Erinnerung, dass die Poststelle bei s’Botten-Schwarze, unten im Dorf Nr. 1 (seit 1960 Hauptstraße 21) untergebracht war, aber bis es mit der Post dort soweit war vergingen geraume Jahre.
Eberhard Schauer hat in den Heimatkundlichen Blättern der Winnender Zeitung 1993 über die Entwicklung des Postwesens in Württemberg und im Besonderen von Winnenden berichtet.
Meine Recherchen bezogen sich daher ausschließlich auf die Postbelange um Birkmannsweiler und das erst ab der 1860 er Jahre als der Staat bzw. der König das Postwesen übernahm und neu organisierte.
In dieser Zeit wurde bei der Amtsversammlung mit dem Oberamt eine Vereinbarung geschlossen die zum Inhalt hatte dass einer von mehreren Ortsbotengängen, hier den Gang Nr. 5 mit dem Bereich „Rettersburg, Oppelsbohm, Ödernhardt, Bretzenacker, Volkhardsmühle und Birkmannsweiler“ umfassen wird.
Der Sitz des zuständigen Boten Friedrich Siegle war Rettersburg. Derselbe erhielt von der hiesigen Gemeinde 35 fl (Gulden) Botenlohn.1
Für die bisher portofreie Beförderung des amtlichen Briefverkehrs musste seit der Neuregelung des Postwesens und Amtsversammlungsbeschluss vom 24.7.1863 der Amtspflege für diese Leistung 11 Gulden 40 Kreuzer übergeben werden.
Am 1.Juli 1864 wurde Christian Rommel als Amts, Polizeidiener und Ortsbriefträger um 35 Gulden Lohn im Jahr aufgestellt.(beschäftigt) 2
Ein Postgebäude oder Amtstube gab es damals nicht. Die von Waiblingen zu Fuß ankommende Post wurde in den Jahren 1868 bis 1875 bei den Wirten Strenger und Endrihs zur Sonne abgegeben von wo sie der Ortsbriefträger abholte und verteilte. Für diese Leistung der Postniederlag erhielten die Wirte eine Entschädigung von der Gemeinde in Höhe von jährlich 3 Gulden und ab 1875 dann nur noch 2 Gulden 30Kreuzer verauslagt. 3
Der für den Ortsbotengang Nr. 5 zuständige Bote Siegle hatte am 18.Januar 1969 einen wollenen Teppich auszutragen der in Stuttgart bei Sophie Schurr für das Gefängnis gekauft und dafür 7 Gulden 30 Kreuzer bezahlt wurde. Das Postporto betrug 15 Kreuzer
Eine weitere nette Begebenheit in den Jahren 1872 und 73.
Die Gemeinde bestellte sich in Gmünd beim Feuergerätehersteller einen Feuerwehrhelm. Porto für ein Büstle 17Kr. Das Ergebnis der ersten Besichtigung erbrachte nichts zufriedenstellendes, weshalb der Helm zur besseren Ausstattung zurückgesandt wurde. Porto für ein Büstle retour 17Kr
1 Rapiat 1863-64 Abt. Besoldung StAW
2 Gemeindepflegrechnung 1864/65 Abt. Besoldung StAW
3 Gemeindepflegerechnungen StAW
Nach entsprechender Verbesserung kam der Helm wieder zurück. Porto für ein Büstle für die Feuerwehr Birkmannsweiler 21 Kr. Erst nach langem suchen fand ich die Bedeutung für Büstle und die war ganz einfach eine „Hutschachtel“
Im Rechnungsjahr 1889/90 wurden der Erweb von Zeitschriften und Gesetzblätter über die Königlich Württembergisch Post bezogen und auch abgerechnet. In nebenstehendem Beleg bestätigt der Posthalter Mildenberger, vom Postamt Winnenden den Erhalt von 9,-Mark und 20 pfg. für die Zeitschriften Remstalbote, Amtsblatt des Ministeriums d. Innern, Regierungsblatt und des Reichsgesetzblattes.
Am 1. August 1895 wurde wegen der versäumten Zahlung seiner Bürgerrechtssteuer4 nach seinem Wegzug von Birkmannsweiler ein Mahnschreiben an Herrn Ernst Haug gerichtet welches ein Porto von 30 Kr. Verursachte.
Die in den Jahren 1906 und 1907 gebräuchlichen Postkarten und Briefe.
Am 16.11.1896 wurde in Birkmannsweiler eine Posthilfsstelle eingerichtet.5 Diese Stellen wurden im Reichspostgebiet flächendeckend ab 1881, meist als Ersatz der Landpostbedienung oder der Briefsammlung eingerichtet.
Ob dieser örtliche Standort sich noch in der Sonne befand oder schon beim späteren Postboten Wilhelm Schwarz konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.
Dass Wilhelm Schwarz Postbote war, konnte erstmals mit seiner Heiratsurkunde belegt werden. Am 28. Oktober 1890 ehelichte Konrad Wilhelm Schwarz geb. 21.8.1864 die led. Annamaria Karoline Kull und gab in der Rubrik Beruf, Postbote und Bauer an.
Im Jahre 1904 wird eine Bescheinigung über den Zeitungsgeld-Einzug erwähnt in welcher der Postbote Schwarz vermerkt wurde.
4 Gemeindepflegerechnung 1894/95 StAW
5 Ortsverzeichnis Post AZ 61/1/1 deutsche Postzentrale Bonn.
Am 10.Juli 1905 wurde in Birkmannsweiler eine Telegraphenhilfsstelle eingerichtet und dieser6 Einrichtung ging eine entscheidende Gemeinderat-Sitzung voraus.
Verhandelt am 29.Mai 1905
Vor dem Gemeinderat
Auf Benachrichtigung der K. Generaldirektion der Posten und Telegraphen wonach hier in Bälde eine Telegraphenhilfsstelle und Fernsprechstelle eingerichtet werden soll und der Gemeinderat hierzu eine tüchtige Person mit entsprechendem Lokal in Vorschlag zu bringen hat, auf öffentliche Aufforderung haben sich nun heute hierzu gemeldet denselben wurde die hierbei betreffenden Bedingungen bekannt gegeben.
Als erster Übernehmer hat sich gemeldet Sonnenwirt Haller hier mit einem Angebot, zur Bezahlung von einmalig 135,-Mark an die Gemeindekasse
t. A. Haller
weitere Übernehmer sind erschienen Ludwig Andrä und Wilhelm Grotz.
Die Zusagen Genehmigung wird sich bis Mittwochabend 8 Uhr vorbehalten.
Nebigen Antrag genehmigt.
Gemeinderat
Haller, Pfuderer, Kögel, Schäfer,
Am 3.Juni 1905 erschien Sonnenwirt Haller und erklärte, er wolle von der Übernahme zurücktreten und die Übernahme dem Ludwig Andrä Kaufmann überlassen welcher auf heute erschien und sich zur Übernahme bereit erklärte und das gleiche Angebot von 135 zur Bezahlung machte.
t... L. Andrä
z.B.
t..Schultheiß Haller
Ludwig Andrä war der Vorbesitzer von Gottlob Schwarz Bäcker in dem Gebäude Mitten im Dorf, heute Metzgerei und Lebensmittel Neuhaus
Dass mit dem Betrieb einer öffentlichen Fernsprecheinrichtungen für den Betreiber kein großes Geld zu machen war zeigt der Gemeinderatsbeschluss vom 8.Dezember 1921
Der Inhaber der öffentlichen Sprechstelle hier, Gottlob Schwarz bittet um ein jährliches Wartgeld da die Postverwaltung ihn nur sehr gering bezahle.
Beschluss:
Die Gemeinde bezahlt dem Inhaber der Telefonstelle Gottlob Schwarz hier ein Wartgeld von Jährlich 150,-Mark vom 1.4.1921 ab, als Zuschuss für seine Belohnung für Haltung und Bedienung der Sprechstelle.
Auf dem Bild oben sieht man den Kriegerverein6 bei seiner Fahnenweihe und über der Tür die Bezeichnung „Telegraph“.
6Kriegerverein bei der Fahnenweihe vor de Bäckerei Schwarz und am Nebeneingang die Türüberschrift
„Telegraph“
Ein weiterer Beleg dass Wilhelm Schwarz erster in Birkmannsweiler ansässiger Postbote war ist in einem Beleg über den Einzug von Portogeldern durch seine Unterschrift erstmals am 21.6.1907 nachgewiesen.
Weitere Belege dafür finden sich in den Bauunterlagen des Stadtarchivs. Hier ist erstmals im Jahre 1910 vermerkt, dass Wilhelm Schwarz junior, Postbote, ein Baugesuch zum Anbau an sein Haus unten im Dorf Nr. 1 eingereicht hat. Aus den Unterlagen geht nicht hervor, ob der An oder Umbau zum Zwecke der Einrichtung für die Post beantragt wurde.
Um 1910 /11 wurde im Ort eine Hauswasserleitung gebaut, welche am 10.Oktober 1911 feierlich eingeweiht wurde. Die Winnender Zeitung berichtete davon und vermerkte dass der Postbote Wilhelm Schwarz in liebevoller weise am Ende der offiziellen Reden sein selbstverfasstes Gedicht über die Herstellung der Wasserleitung bei der Einweihung vorgetragen hat.7
Die beiden Postangestellten Emma Müller und Elsa Schäfer erzählten, dass Wilhelm Schwarz jung als Postbote mit dem Fahrrad noch die Gemeinden Bretzenacker und Ödernhardt bedient hat. Ob dies auch auf Oppelsbohm oder Steinach und Lehnenberg zutraf, konnten sie nicht sagen.8
Auch Eugen Andrä aus der Hofäckerstrasse erzählt als Enkel des Wilhelm Schwarz dass er von seiner Mutter, einer Tochter des Postboten wisse dass ihr Vater noch nach Rettersburg zu Fuß ging und seine Post ausgetragen hat. Erst in den späteren Jahren tat er dies unter zur Hilfenahme eines Fahrrades.
Ende der 20er Jahre gab es Pläne, die Post zu motorisieren.
7Winnender Zeitung 10.Oktoben 1911
8Gespräch mit dem Autor xx 2006.
9Am 12. Oktober 1928 erkundigte sich das Postamt Backnang Fernsprecher Nr. 185 beim Schultheißenamt Birkmannsweiler in einem Rundbrief, ob sich im Dorf Personen befänden, welche die Einrichtung einer Poststelle mit voller Annahme, Ausgabebefugnis und Postzustellung übernehmen könnten. Man wollte den Postverkehr und die Personenbeförderung modernisieren und dazu versuchsweise eine Kraftpostlinie einrichten.
Die Post bittet um möglichst baldige Namhaftmachung von geeigneten Personen für diese Aufgaben.
Von den Bewerbern erwartet die Post dass die erforderlichen Räumlichkeiten, gegen Entgeld zur Verfügung stehen und dass diese Personen und deren Familien zuverlässig und verschwiegen sind.
Sollte im Ort bereits ein Postbote wohnhaft sein, erhalte dieser selbstverständlich den Vortritt, wenn die oben angeführten Voraussetzungen zutreffen würden.10
Nach dem Ortsverzeichnis der Post wurde diese Poststelle am 1.12.1928 in Birkmannsweiler, und entsprechend obiger Aussage der Post ganz sicher bei Postbote Wilhelm Schwarz unten im Dorf Nr.1.oder heute Hauptstrasse 21. eingerichtet.
Bilder:
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Auch die Kraftpostlinien wurden eingerichtet.
Hier der Postbus vor der Poststelle in Birkmannsweiler Hauptstrasse 21.
Mit der Einrichtung dieser Linie verlor das Postamt Winnenden fast seinen ganzen Bezirk, denn die Kraftpostlinie wurde von Backnang aus geführt.
Gleichzeitig stellten die Landpostboten und die Pferdebespannten Postwagen ihren Dienst ein.
9Winnender Volks und Anzeigenblatt 3.11.1928
10StAW, Teilortarchiv Birkmannsweiler, Fl 3560
11Postschild am Gebäude unten im Dorf 1
12Emilie Schwarz Postbotin. Mit ihren Postwagen vor dem Gashaus Sonne
Die Familie Wilhelm Schwarz Postbote
Stehend v. l. Maria Andrä geb. Schwarz, Paul Schwarz, Konrad Wilhelm Schwarz sen. Postbote, Karl Schwarz Maler, Frieda Blumenstock geb. Schwarz
Sitzend v. l. Emil Schwarz, Emilie Sophie Schwarz Bostbotin, Wilhelm Schwarz ausgewandet nach Amerika, Klara Neef geb. Schwarz Postbotin.
Nachdem über die Dienstzeiten der einzelnen Familienmitglieder keinerlei Unterlagen aufzutreiben waren, kann man darüber nur Schätzungen anstellen.
Da Wilhelm Schwarz im Jahre 1934, 65 Jahre alt wurde und normalerweise in Rente ging ist anzunehmen dass seine Tochter Emilie spätestens zu diesem Zeitpunkt die Poststelle übernahm. Emilie Schwarz wurde 1894 geboren und war 1954. 60 Jahre alt. Ihre Schwester Klara Neef war in der Lage nach ihrer Schwester die Poststelle zu übernehmen und bis zu ihrem Ausscheiden im Alter von 65 Jahren, im Jahre 1962 zu betreiben, und an den neuen Posthalter Baumann zu übergeben.
So könnte es gewesen sein und würde auch in die Erzählungen älterer Bewohner passen, konnte aber nicht belegt werden.
1956 verwendeter Poststempel sowohl in Backnang als auch in Birkmannsweiler.
Im Jahre 1957 wurde ein Leistungsnachweis über die Tätigkeit im Posthalterdienst erstellt. Aus dieser Aufstellung ging hervor dass damals, rund 1480 Rentenaus-Zahlungen und monatlich 560 Zeitungsabonnements eingezogen wurden.
Der jährliche Kassenumsatz betrug demnach 198.800,- DM.13
In der Posthalterei wurde dann anfangs Dezember 1958 eine Fertigtelefonzelle für den zunehmenden Publikumsverkehr im Telephonwesen eingerichtet. Zu dieser Einrichtung gab es eine Begutachtung die mit folgendem Satz endet: Zusammenfassend kann jedoch der Aufstellung von Telepaxzellen bei kleinen Poststellen, zumindest als Übergangslösung zugestimmt werden.
Auf 1. Mai 1959 wurde die Poststelle II in Birkmannsweiler in eine Poststelle I umgewandelt und für den Postsparkassendienst ermächtigt.14
Ab sofort konnten in Birkmannsweiler auch Postbankgeschäfte erledigt werden.
Elsa Schäfer, Jahrgang 1922, begann im Jahre 1959 als Austrägerin ihre Arbeit noch in der Hauptstraße 21. Die heute 87jährige ehemalige Austrägerin erzählt gerne aus der damaligen Zeit. Und für das Foto hat sie nochmals einen gut erhaltenen Anorak der Deutschen Bundespost (Qualitätsware!) aus dem Schrank geholt, am Ärmel gut sichtbar das Posthörnchen, und man spürte förmlich dass sie diesen Rock und die Arbeit die damit verbunden war, mit Liebe getragen und erledigt hat.
Nach ihrem Arbeitsvertrag begann sie am 20. 4. 1959 in der Poststelle I in Birkmannsweiler ihren Dienst, der mit einer Arbeitszeit von 21 Wochenstunden bemessen war. Posthalterin war damals Klara Neef. Ihr Betätigungsfeld war der ganze Ort einschließlich Burkhardtshof. Um die ganze Post einschließlich Pakete befördern zu können, musste sie sich ein Fahrrad anschaffen und die dazu passenden Taschen. Vom eigenen Geld natürlich, denn die Posthalterin war knausrig, wie sie erzählte. Auch Kugelschreiber und dergleichen bezahlte sie aus der eigenen Tasche. Zu den Aufgaben eines Postboten gehörte auch das Austragen von Zeitschriften und Zeitungen und am Monatsende musste sie das Zeitungsgeld einziehen. 1956 gab es noch keine Gebühreneinzugszentrale für Funk und Fernsehen, auch diese Gebühr wurde durch den Postboten eingezogen wie vieles andere auch.
Wenn es auf Weihnachten zuging, war die Anhäufung von Postpaketen die Regel. Manchmal waren es so viele, dass das Fahrrad vor lauter Paketen nicht mehr gesehen wurde, und es sollte doch nichts hinunterfallen. Manches mal lies es sich aber halt nicht vermeiden und man war dann darauf aus dass es ja niemand bemerkte.
Der Tag begann am Morgen, wenn das Postauto kam und die Briefe und Pakete zur Poststelle brachte. Dort wurde sortiert, damit beim Austragen doppelte Wege vermieden wurden.
13Akz. 61/39/1 Post
14Post. AZ 61/ 39/1
Für viele war die Postbotin ein Ansprechpartner über dieses und jenes, eben um mit jemand einfach reden zu können. Elsa Schäfer war es dann egal, wenn die Zeit etwas über das Limit hinausging. Sie war einfach froh, wenn es ihren Postkunden gut ging und sie so wenig Kummer als möglich hatten.
Im Winter, es gab damals noch viel Schnee, dann war es oft mehr als beschwerlich. Beim Erzählen fällt Frau Schäfer eine Episode im Burkhardtshof ein. Es war spiegelglatt, man kam kaum vorwärts und der erste Buckel am Hofeingang, der hat sie dann geschafft, sie war ausgerutscht, auf den Weg gefallen und nicht mehr hochgekommen. Was sie auch versuchte, es war vergebens. Aufrecht kam sie nicht mehr weiter und letztendlich gab sie auf und erreichte ihre erste Kundin, die Här-Luis (Elise Rommel) auf allen Vieren. Diese hatte Mitleid und gab ihr ein paar alte Socken um sie über die Schuhe zu ziehen, aber es half nicht allzu viel. Mehr schlecht als recht wurde der Burkhardtshof versorgt und dann ging es heimwärts durch die Feldflur, denn dort war das Eis kein Hindernis.
Hunde waren eigentlich kein Problem für sie, nur zweimal erinnert sie sich, hatte sie Kummer. Bihlmeyers hatten einen schwarzen Hund, der nie etwas von ihr wollte bis auf ein einziges Mal. Als sie vorne auf das Haus zuging, um an der Haustür ihre Post einzuwerfen, kam er blitzschnell von der hinteren Küchentür angesaust und fügte ihr eine Bisswunde am Bein zu. Das war’s. Fortan ließ er sie wieder in Ruhe. Vielleicht hatte er nur einen schlechten Tag.
Beim zweiten Mal hatte Albert Rommel Besuch von seiner Schwägerin aus Winnenden. Frau Strauss brachte ihren Hund mit. Als Elsa Schäfer mit einer Handvoll sortierter Post die Haustreppe zum Briefkasten an der Haustür ging, kam der Hund auf sie zu, biss sich an den Briefen fest und riss ihr diese aus der Hand dass sie im ganzen Hof herumflatterten. Sie musste alles wieder einsammeln und neu sortieren. Von Ihr wollte der Hund nichts wissen und was er gegen Briefe hatte, konnte sie nie in Erfahrung bringen
Als der Ort größer wurde benötigte sie Hilfe, sagte sie, denn es wurde ihr einfach zu viel. 1968 stieg daher Emma Müller bei der Post als Austrägerin ein und fortan teilten sich die zwei Frauen die Arbeit. Wenn die Urlaubszeit nahte, kamen Ferienarbeiter als Helfer. Auf dem Bild erkennt man Herr Martin aus Winnenden, der gerade von Elsa Schäfer in ihren Bezirk eingewiesen wurde.
15
Bereits um 1962 waren Klara Neef und Emile Schwarz, die Botten Mädchen in den Ruhestand getreten. Nun begann der freie Handelsvertreter Rudolf Baumann noch im Hause Botten-Schwarz seinen Dienst bei der Post. Die Austrägerinnen blieben dieselben und plötzlich bekamen sie von der Post die Bleistifte und Kugelschreiber gestellt.
Nach nicht ganz zwei Jahren konnte dann die ganze Mannschaft im Jahre 1964 in das ehemalige Waschhaus in der Querstraße umziehen. Dieses Gebäude wurde, nachdem es nicht mehr für Gemeindezwecke (u.a. als Notunterkunft) gebraucht wurde, von der Gemeinde als Poststelle umgebaut. Architekt Walter Rommel erhielt den Auftrag, das Waschhaus so umzugestalten dass die Bundespost ihre Poststelle dort einrichten konnte16. Der Platz daneben wurde als Stellplatz für die Postkunden genutzt. Dem Antrag des Händlers Johann Weisser aus Birkmannsweiler, wohnhaft im ehemaligen Kübler-Klöpferschen Haus, zur Aufstellung einer Blechgarage neben dem Waschhaus wurde aus diesem Grunde nicht statt gegeben17. Besagter Weisser betrieb einen Handel, wobei aber niemand genau wusste was er vertrieb. Diese Geschäfte wickelte er zum großen Teil, in der an der Ecke Quer und Hauptstrasse stehenden Telefonzelle ab, und blockierte dieselbe zum Ärger anderer oft stundenlang. Am Telephon in der Poststelle wurde er vom Posthalter Baumann des öfteren zum unterbrechen aufgefordert um auch andere Kunden das telephonieren zu ermöglichen.
15Bild privat Elsa Schäfer
16StAW (Palmerstraße), Bauakten 10. Oktober 1963.
17StAW, Teilortsarchiv Birkmannsweiler, Gemeinderatsprotokoll vom 24. Januar 1964:
Am 21. April 1964 war die neue Poststelle bis auf den Einbau der Theke fertig. Die Kosten für den Thekeneinbau sollte nach Postmeinung die Gemeinde übernehmen. Der Gemeinderat jedoch lehnte dies im Hinblick auf die noch unklaren Umbaukosten vorläufig ab.18
Die Poststelle Querstrasse 12
und Rudolf Baumann an seinem Arbeitsplatz
Rudolf Baumann zog im Mai 1964 mit der Poststelle von der Hauptstraße 21 in die Querstraße 12 um und war bis zu seiner Zur-Ruhesetzung im August 1976 im ehemaligen Waschhaus tätig. Sein Dienst endete aber nicht, wenn er die Poststelle abschloss, sondern endete eigentlich nie. Die Deutsche Bundespost richtete Rudolf Baumann in dessen Privathaus an der Hauptstraße 116 ein Telefon und einen Telegrafenanschluss ein, damit auch rund um die Uhr Telegramme angenommen werden konnten und auch ausgetragen wurden.19 Baumanns Ehefrau Emilie war ebenfalls in den Postablauf in Birkmannsweiler mit einbezogen. Sollte Rudolf Baumann erkrankt sein, Urlaub haben oder sonst wie ausfallen, so übernahm seine Frau den Dienst. Gleiches geschah, wenn eine Austrägerin fehlte - auch hier sprang Frau Baumann ein und nebenher reinigte sie auch noch die Diensträume. Im Grunde genommen war sie Mädchen für alles in der Post in Birkmannsweiler.
Bei der Post folgte seit den 1970er Jahren eine Umorganisationswelle nach der anderen. Die Post wurde ab 1972 nicht mehr an die Poststelle I in Birkmannsweiler angefahren, sondern alles wurde im Postamt in Winnenden sortiert und verteilt.
Die zwei Austrägerinnen mussten also morgens nach Winnenden fahren, ihre Post dort sortieren und dann mit nach Birkmannsweiler nehmen und austragen.
Im gleichen Zuge wurden von nun an auch die Postpakete mit einem extra dafür eingeteilten Postauto ausgefahren und verteilt. Dazu kam in diesem Jahr Hilde Blessing zur Hauptpoststelle Winnenden und wurde mit dem Verteilen der Paketpost beauftragt. Sie hatte die Paketpost in Birkmannsweiler auszuführen und die Außenstellen Burkhardtshof, Buchenbachhof und Neumühle zu betreuen.
Das Mitnehmen von Personen im Paketpostauto war strengstens untersagt. Gegen das mitnehmen der Posttaschen der Austrägerinnen Elsa Schäfer und Emma Müller wurde nichts eingewendet.
Dass aber Schwaben bei solchen Betriebsvorschriften für eine günstigere Auslegung sorgten, gehörte eben auch zum Leben und Arbeiten bei der Post. Wenn es sich irgendwie einrichten ließ, nahm Frau Blessing die beiden Austrägerinnen schon mal mit.
18StAW Gemeinratsprotokoll vom 21. 4. 1964
19Post AZ 61/39/126.7.1962
Einmal wäre es aber fast schief gegangen. Das Postamt in Winnenden wurde umgebaut und die Postverteilung wurde in die unweit vom Postamt gelegene Strickerei Bürkle ausgelagert. Weit genug entfernt vom Sitz des Chefs, der ja nicht sehen konnte und auch nicht sehen sollte, wenn jemand von der Post-Verteilung in das Paketauto einstieg um mitzufahren. Einmal war es wieder soweit. Die Austrägerinnen Schäfer und Müller saßen im Postpaketauto, als beim rückwärtigen Herhausstoßen aus dem Posthof Frau Blessing mit einem PKW auf der Straße zusammen stieß. Die im rückwärtigen Teil des Paketautos sitzenden Austrägerinnen mussten schleunigst das Weite suchen, um nicht vom schon herbeieilenden Vorgesetzten erwischt zu werden, der höchstpersönlich zur Unfallaufnahme unterwegs war.
Wie schon erwähnt, ging Rudolf Baumann 1976 in den Ruhestand und als sein Nachfolger kam Karlheinz Kusnierz vom Hauptpostamt Winnenden nach Birkmannsweiler und übernahm die dortige Poststelle. Mit dabei tätig waren die Paketpost ausfahrende Hilde Blessing, Elsa Schäfer und Emma Müller. Als Aushilfe bei der Paketpost und bei Vertretungen der Austrägerinnen war inzwischen Hedwig Neuwirt tätig.
Eine weitere Rationalisierungswelle rollte auf die Post zu. Der Einzug der Radiogebühren war weitgehend weggefallen. Die Renten wurden über die Bankkonten abgewickelt und dann har ein Kosten-Reduzierer festgestellt, dass die Posthalterstelle entweder zu lang geöffnet hatte, oder zu wenig Post bearbeitete. Die Postoberen entschieden sich dafür, die Öffnungszeiten der Poststelle zu kürzen, was zur Folge hatte, dass der Vollzeitbeamte Kusnierz nach Winnenden in die Hauptpost zurückversetzt und die Poststelle von einer Teilzeitkraft betreut wurde. So wurde 1982 Karlheinz Kusnierz nach sechsjähriger Tätigkeit in Birkmannsweiler nach Winnenden versetzt und die Paketpostausfahrerin Hilde Blessing wurde am 1. 5. 1982 als seine Nachfolgerin Posthalterin in Birkmannsweiler. Elsa Schäfer wurde im selben Jahr nach 23 Jahren Postdienst in den wohlverdienten Ruhestand versetzt. Ihren Part übernahm damals Hedwig Neuwirt. Im Jahre 1985 ging auch Emma Müller in Ruhestand und deren Nachfolge übernahm Frau Weng.
In den 1980er Jahren änderte sich im Ort einiges. Im sogenannten Ortskern begann die Sanierung. Für die im Gebäude Hauptstraße 61 wohnende Familie musste ein Ersatzgebäude gefunden werden. Ein Gebäude in der Querstraße schien dafür geeignet zu sein und nach schwierigen Verhandlungen wurde die Stadt mit der Familie über einen Tausch der Gebäude einig. Nach den Vorstellungen der Familie musste das Gebäude jedoch vor Übernahme, ihren Bedürfnissen entsprechend umgebaut werden. Für die Post bedeutete dies, dass sie sich um eine Ersatzbleibe bemühen musste.
Mit dem Verteilen der hier abgebildeten Einladungen an die hiesigen Postbediensteten war die Zeit des Provisoriums beendet und die Poststelle zog in das Haus von Friedrich Bihlmaier ein. Es handelte sich im nachhinein gesehen um einen historischern Umzug, denn es war der letzte Umzug einer selbständigen Poststelle in Birkmannsweiler.
Im Gebäude Nr. 10 in der Querstraße blieb die Poststelle so lange, bis die Postreform eine neue Zeit einläutete.
Auch bei der personellen Besetzung der Poststelle ergab es Änderungen. Frau Weng wurde Mutter und ging 1991 in Mutterschutz. Ihre Stelle wurde nun von Winnenden aus betreut und ab da war kein ständiger Austräger mehr im Einsatz. Hilde Blessing ging 1992 aus gesundheitlichen Gründen in Rente. Diese Stelle übernahm dann Margot Pfleiderer aus Hertmannsweiler. 1994 verstarb Hedwig Neuwirth überraschend und viel zu früh. Auch ihre Stelle wurde künftig von Winnenden aus betreut und auch da war keine ständige Austrägerin mehr im Einsatz. Die Bürger mussten sich auf eine neue Ära bei der Post einstellen. Von der Zeit eines ständigen Postboten wie es früher der Fall war musste man Abschied nehmen. Die Zeit als ein Postbote bei seinem Rundgang auch mal bei der Geburt eines Kalbes geholfen hat war schon länger passé
Mit der erneut eingeleiteten Postreform wurde die bisherige eigenständige Poststelle 1998 nach rund 90 Jahren in Birkmannsweiler geschlossen und die verbliebenen Mitarbeiter in die Hauptstelle übernommen.
Die Familie Dopslaff konnte ihr neues Ladengeschäft an der Hauptstraße 57 am 1. 4.1998 an Familie Seiler vermieten. Sie betrieben im Laden eine Quelle-Agentur und verkauften dazu noch ein kleines Sortiment Schreibwaren und Geschenkartikel. Frau Sailer übernahm nach der Schließung der Poststelle die von der Post nur noch vorgesehene Postagentur.
Alle weiteren Dienstleistungen über das in der Agentur Angebotene musste künftig in der Hauptpost in Winnenden erledigt werden, was für nicht mobile Postkunden eine zusätzliche Erschwernis bedeutete.
Als die Post mit den Service-Betreibern neue Pachtverträge aushandeln wollte, lehnten viele, die so genannten Knebelverträge ab. So auch Frau Seiler, die sich hier nicht verbiegen lassen wollte. Damit war im Ort die Service-Stelle auf 27.Dezember 2002 gestorben.
Rund zwanzig Monate war der Stadtteil ohne jegliches Postangebot. Nur die Paket- und Briefpost wurde ohne Einschränkung verteilt aber immer mit wechselnden Postbediensteten. Seit September 2004 ist nun bei Lebensmittel-Neuhaus in der Hauptstrasse eine Post-Service-Stelle eingerichtet. Postbankgeschäfte müssen jedoch weiterhin am Hauptpostschalter in Winnenden getätigt werden. Während der Ferienzeit im August / September 2006 hatte Familie Neuhaus mehr als zwei Wochen wegen Urlaub geschlossen. Eine Bürgerin hatte sich daraufhin bei der Post beschwert und diese erteilte umgehend dem Service-Betreiber eine Mängelrüge, weil dieser Urlaub nicht genehmigt sei.
Die Entwicklung bei der Post zeigt auf, wie sich die Welt in den einstens großen Staatsbetrieben verändert hat und dass dabei viele liebe Gewohnheiten und auch Rechte der Arbeitnehmer aus der „Guten alten Zeit“ unwiederbringlich vorbei sind, so sind auch bei der Post viele, für den Kunden günstigen Angebote der Globalisierung oder den Aktionärswünschen zum Opfer gefallen.
Anhang Pläne
Baupläne zum gewünschten Umbau der Gebäudes Querstrasse 12 für die Post.
Ergänzt durch Ausstellung Schauer im Torturm WZ vom 2.9.2015